Dienstag, 10. Juni 2014

Lektionen für's Leben

Samstagabend, ich auf dem Heimweg. Die nächste Bahn kommt erst in 7 Minuten. Neben der Tatsache, dass das eigentlich ziemlich blöd ist, freue ich mich. Immerhin ist die 7 doch eine schöne Zahl. Gleichzeitig wundere ich mich, wo dieser Optimismus so spät abends herkommt. Als würde etwas in der Luft liegen: Glück, Freude, vielleicht sogar Zufriedenheit? Achselzuckend wird mir bewusst, dass ich dringend wieder jemand brauche, der meinem endlosen Rumpalavern/Philosphieren Gehör schenkt. Dringend.

Die Bahn hält, es bildet sich der klassische Tunnel: Menschen, die rein wollen, stellen sich rechts und links von der Bahn auf, damit der rausströmende Trupp gut durchpasst. Ich warte das Procedere ab und quetsche mich flott in den letzten Wagen rein. Flott ist hier wirklich wichtig! An Metrotüren gibt es keine Möglichkeit per Drücken die Tür zu öffnen. Man darf auch nicht auf die Idee kommen, diese Türen offen zu halten. All das funktioniert automatisch und es gibt KEINE Sensoren. Wenn also nur die Handtasche stecken bleibt, ist das durchaus positiv zu bewerten (bereits mehrmals gesehen).

Auf der linken Seite der Metro finde ich einen Platz, setze mich und suche nach meinen Kopfhörern, die ich allerdings vergessen habe. Soviel zu Glück, Freude und Zufriedenheit. Aber da das Leben ja sowieso die besten Geschichten, Momente und/oder Songs schreibt, lasse ich meinen Blick schweifen. Und tatsächlich, ich werde fündig. Rechts neben mir sitzt eine afroamerikanische Mutter mit ihren zwei Söhnen, die entweder Zwillinge sind oder sehr dicht hintereinander geboren wurden. Die zwei Boys haben sichtlich Spaß. Ich, Kind wie ich es bin und immer sein werde, bin natürlich dabei und grinse dümmlich mit. Mittlerweile schwören die beiden Jungs auf irgendwas, habe leider verpasst, um was es sich handelt.

Älterer an Jüngeren: "I'm swearing on 2 million dollars!"

Jüngerer zum Älteren (komplett ernst): "I only have 200.000 dollars."

Älterer darauf: "That's okay. You're my little bro!"

Das ist ja an sich schon ziemlich klasse. Aber es wird noch besser, als ich bemerke, dass der Mann, der hinter den beiden sitzt, sein Portemonnaie zückt und nach Dollarscheinen kramt. Der hat das Ganze also auch beobachtet. Anscheinend hat er jetzt gefunden, was er suchte und drückt jedem der beiden einen 2-Dollar-Schein in die Hand (bis dahin wusste ich nicht, dass es sowas gibt).

Mann zu den Jungen: "Each of you can have two dollars or you're gonna bet about the dollars, so one of you wins and the other looses."

Ich bin mir sicher, dass der Ältere jetzt zuschlägt. Der schaut aber nur seinen jüngeren Bruder an, danach erst seine Mutter und sagt schließlich:

"No, I am not going to bet."

Dieser kleine Pimpf hat weiser gehandelt, als ich es in diesem Alter hätte können. Der Mann stachelt noch ein bisschen weiter rum. Ich weiß nicht, ob er sie zum wetten bringen will. Aber der Ältere lässt sich nicht davon abbringen. Als der Mann aussteigen muss (an der gleichen Station wie ich), meint er nur:

"That's a lesson for live. Don't forget it."

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Es gibt Tage, an denen ich diese Stadt nicht nur abgöttisch mag, sondern wahrlich liebe. Bis zum Ausgang der Metrostation überlege ich, ob ich dem Mann sagen soll, wie klasse ich es finde, was er da gemacht hat. Ich entscheide mich dagegen, weil ich Angst habe, dass der Zauber des Moments verloren geht. Stattdessen gehe ich grinsend ins Dunkle und bin überzeugt, dass das Leben wunderbar ist. Ich sollte mir öfters daran ein Beispiel nehmen. Teilen bedeutet nicht Verlust, sondern doppeltes Glück. Das von zwei kleinen Jungen zu lernen, finde ich mehr als schön.



Eure (unverkennlich optimistische) Toni

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