Mittwoch, 26. Februar 2014

... so I say thank you for the music

17.06 Uhr. Washingtons Bürogebäude öffnen ihre Schleusen. Was eben noch wie ausgestorben anmutete, verwandelt sich in einen Strom dunkler Mäntel, allesamt auf dem Weg zur Metro, auf dem Weg nach Haus. Stumme Massen schieben sich voran, Blicke starr geradeaus gerichtet. Die Gedanken schon weit voraus, vielleicht schon auf einem Platz in der Metro. Doch wenn man an der Ecke Indenpendence Avenue SW/ 12th Street SW steht und ein bisschen wartet, kann man diese Tage etwas leicht anderes beobachten. Da läuft jemand ein bisschen schneller als der restliche Mob, es schaut fast aus, als würde diejenige hin- und herspringen. Man überlegt, ob sie es entweder sehr eilig hat. Oder ob dieses Springen vielleicht eher ein rhythmisches Laufen ist. Es wirkt ulkig, nicht unbedingt unpassend, aber anders.
Diejenige, die da komisch daherläuft, das bin die Tage ich.

Musik ist quasi überall, ob Radio im Auto, Kopfhörer in den Ohren, Smartphone, Kino, Werbung oder jemand, der geistesgegenwärtig einen Rhythmus schlägt. Ich gehörte immer zu den Leuten der zuletzt genannten Fraktion, die andere damit wortwörtlich auf die Palme bringen konnten. Jeder kennt sicherlich den Punkt, an dem man sich über einen Ohrwurm mehr als aufregen könnte. Der Grund, weshalb ich allerdings gerade wie ein leicht übermotiviertes Honigkuchenpferd durch die Straßen Washingtons laufe, ist ein anderer - Glück in Form von Noten.

Man kann Gerüche mit Erlebnissen verknüpfen, Briefe, Eindrücke und noch viel mehr. Doch wenn ich an Musik denke, denke ich an euch! Da wäre zum Beispiel ABBA, die mich sofort zu durchtanzten Abenden mit ein paar außergewöhnlichen jungen Damen weiterleiten. Das Weihnachtsoratorium wird mich mein Leben lang daran erinnern, wie 86 Schüler/innen sich damit abgemüht haben, Bach die Ehre zukommen zu lassen, die ihm verdient ist. ABBAs "Thank you for the music" erinnert mich an den Abschied von einer passionierten Musiklehrerin, die mit keinen schöneren Worten diesen hätte ankündigen können. Mumford and Sons (von meinem Vater und Resi liebevoll "Mampfred and Guns" getauft) hat mich auf nächtlichen Autofahrten begleitet. Die Weihnachtsmesse lässt mich immer an meine Großeltern denken, die so beeindruckt waren, als sie das erste Mal eine dieser tollen Stunden in der Hofkathedrale miterlebten. Die Mischung aus Schlager und House (ja, das geht) hat zu einer der besten Festivitäten des letzten Sommers geführt. Die Toskana und Philipp Poisel sind einen Bund für's Leben eingegangen. "Here I Go Again" ist restlos meinen Geschwistern vorbehalten. Sobald ich klassische Musik höre, wird mir schmerzlich bewusst, wie sehr ich meine Geige, meinen Geigenlehrer und die gemeinsamen Unterrichtsstunden vermisse.

Aber dann, dann gibt es da noch die schlimmere Art des Ohrwurms. Ich muss nichtmal das Lied hören, es können einfach auch nur Bruchstücke des Textes sein, die in einem Gespräch ganz unbeabsichtig fallen und die Jukebox in meinem Kopf fängt an zu spielen. Einer der schlimmsten Vorfälle leistete mir Herbert Grönemeyer während des Deutschabiturs. Einer seiner Texte war als Quellenmaterial mit hinzugegeben worden. Bereits als ich den Titel las, wusste ich, was mir blühte. Während ich mich also mit Hamlet und dem Beichtgeheimnis umher schlug, trällerte Herbert in meinem Hinterkopf herzzerreißend "Du hast den Raum mit Sonne geflutet". Ich mag diese Lied sehr, aber in diesen Moment hätte ich alles dafür gegeben, wenn Herbert ruhig gewesen wäre. Denn ich war kurz davor, leidenschaftlich mitzusingen. Und das hätte fatale Folgen gehabt, für mich und die restlichen Deutschleistungskursler.
 Auf der anderen Seite möchte ich garnicht, dass die Musik verschwindet. Wie Herr Grönemeyer schon gesagt hat:

"Ich bin viel zu träge, um aufzugeben. 
Es wär auch zu früh, weil immer was geht."

Wie sich das alles zusammenfassen lässt, was ich euch eigentlich sagen möchte? Darüber hab ich lange nachgedacht. Aber ich glaube, es ist so einfach:


Musik bestimmt den Rhythmus meines Lebens. 
Sie lässt meine Seele hochleben - und damit euch in mir.


Eure Antonia 


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