Donnerstag, 5. Dezember 2013

Thanksgiving und erster Advent

Mal wieder sitze ich im Bus und finde endlich Zeit, ein bisschen von mir zu berichten! Die letzten Tage und Wochen sind verflogen, ich hab einiges erlebt! 
Letzten Donnerstag war dann der von den meisten Amerikanern heiß ersehnte Tag des Kochen und Schlemmen da, Thanksgiving. Ich bin am Anfang eben jener Woche fest davon ausgegangen, dass ich mein Thanksgiving zu Hause, allein mit einer Bratwurst, feiern würde. Aber da machte mir dann eine liebe Kollegin, Rebecca, einen Strich durch die Rechnung und lud mich ein. Ich hab mich riesig gefreut und wollte wissen, ob ich was mitbringen sollte und wie und wo und was und Co. Sie meinte schlicht, dass sie dieses Jahr zum ersten Mal ein Thanksgiving ausrichtet, dazu für Personen, die sonst nichts finden konnten (sie hat es echt netter formuliert) und ich sollte nicht zu große Erwartungen haben. Was da wohl Charles Dickens gesagt hätte? Jedenfalls ich hab mich gefreut und los ging der Spaß! Als Brianna und ich bei Rebecca und ihrer schon kochenenden Freunden (ca. um 14 Uhr) ankamen, sagte ich nur nach kurzen Begrüßungsfloskeln, dass es hier lecker riecht. Die drei Meisterköche sahen sich nur kurz an und lachten los. Irgendwas war da faul. Rebecca erläuterte, als sie meinen verwirrten Gesichtsausdruck sah, dass 15 Minuten zuvor der Backofen und benahe der Vogel gebrannt hätten, sodass man in der ganzen Küche eine Nacht- und wirklich Nebelübung der Marines hätte abhalten können. Das wiederum erklärte dann auch die offene Haustür, die ich schlicht und ergreifend als Einladung gedeutet habe, Wie man sich doch irren kann! Jedenfalls wurde ich mit heißem Cider vor den Fernseher verfrachtet und hab mir 2 Stunden Football gegeben. Jetzt müssen hier zwei kleine Erklärungen folgen: Cider ist in den USA nicht unser Cidre, sondern lediglich heißer Apfelsaft mit Gewürz und Co. Kann aber mit Rum aufgewertet werden. Und Football war für mich bis zu diesem Tag ein großes Mysterium. Aber die zwei Stunden haben sich gelohnt; mittlerweile kann ich sogar nachvollziehen, warum Flags (kleine rote Flaggen) auf das Spielfeld geworfen werden. Aber weiter im Text, es kamen immer mehr Leute. Irgendwann waren wir 16 und das Essen fertig. Und dann begann eigentlich der schönste Part. Wir haben uns alle um einen mit Essen überladenen Tisch gestellt und einfach für Sachen gedankt, die uns in diesem Jahr widerfahren sind bzw die wir erleben durften. Mir hat dieses Innehalten und Revue-passierenlassen sehr gefallen! Da nun der Esstisch nicht mehr zu benutzen war, saßen schließlich 16 Leute auf Sofas und auf dem Fußboden im Wohnzimmer, haben gegessen, geredet und die Macy's Parade gesehen. Und letzteres ist der größte Schwachsinn aller Zeiten! Macy's ist ungefähr das schlechte Karstadt Amerikas, richtig schlecht. Jedenfalls haben die ihre eigene Parade, bei der alle unwichtigen und unbekannten Leute mit zwei drei Promis auf Wägen durch New York ziehen. Im Gegensatz zu Fasnet, Fasching, Karneval ist das richtig armselig! Das Schlimmste war eine 50jährige, gebotoxte Damen, die sogar ihren Playbackeinsatz verpasst hat. Tragisch! Aber es war doch ganz amüsant mit allen sich darüber aufzuregen und zu lachen. Schließlich bin ich irgendwann zur Metro gekugelt und hab mich nach Hause verfrachtet.
Traditionell am Tag nach Thanksgiving ist der Black Friday (Schwarzer Freitag), es beginnt die Weihnachtseinkaufzeit und an diesem Tag gibt es in jedem Geschäft große, große Reduziertschilder. Sowas will man sich ja nicht entgehen lassen und ich hab mich flux in die Stadt begeben, da ich mir den Freitag frei genommen hatte. Nie nie wieder werde ich das machen! Unangenehm ist kein Ausdruck und der Eindruck reichte mir nach einer Stunde. Lieber zahle ich den regulären Preis meiner Weihnachtsgeschenke, als dass ich von hysterischen Müttern und ihren Kinderwägen umgemäht werde!
Und das lange Wochenende enthielt noch einen tollen Part, ich machte mich am Freitagabend auf den Weg nach Camden, das einen Steinwurf weit weg von Philadelphia liegt. Banuu und Chris hatten zu einem Adventswochenende eingeladen und das war genau das, was ich mir wünschte. Der Advent findet in den USA quasi nicht statt. Hier gibt es die Weihnachtszeit. Erschreckenderweise steht in unserem Wohnzimmer schon ein Baum, aber da der aus Plaste ist und unsere heimische 3-Meter-Marke nicht mal annähernd erreicht, ist das ganze auch kein Christbaum! So kann man sich sein Leben übrigens leichter machen. Wie oft liegt es an den Definitionen! :)
Camden ist komplett anders als Washington, das wusste ich schon von Erzählungen von Banuu und Chris. Aber das eigentliche Bild war dann doch noch interessanter und schockierender! Camden ist eine der gefährlichsten Städte der USA und nach abends 8 ist da einfach Ausgangssperre. Mir erschien alles sehr ärmlich und man kennt eigentlich diese Vorstellung von gewissen Stadtvierteln der USA aus Filmen und tut diese als Übertreibung ab. Aber da sollte ich wieder einmal eines anderen belehrt werden. Die Unterschiede in diesem Land sind unglaublich und ich würde diesen Trip als Augen öffnend bezeichen. Ansonsten war das Wochenende genau richtig! Wir haben gequatscht, gebacken und gekocht. Und ich habe meinen ersten Truthahn zugerichtet. Es stellte sich nämlich heraus, dass die beiden Camdenleute von der Gemeinde einen Truthahn geschenkt bekommen hatten und wir den ja logischerweise alle zusammen machen essen könnten. Klingt gut, ist gut. Als es dann allerdings um das Ausnehmen des Tieres ging, wurde die Begeisterung zurückhaltender. Leider sah ich mich im Zugzwang, da 18 Jahre mit einem Vater, der leidenschaftlicher Hobbykoch ist und einen zum Küchengehilfen erste Klasse ausgebildet hat, nicht spurlos an einem vorbeigehen. Als ich dann mit Trudi auf Tuchfühlung ging, stellte sich heraus, dass man den lieben nicht ausnehmen musste, sondern lediglich den abgehackten Hals aus der Bauchhöhle ziehen und den Innereienbeutel entfernen musste. Alles halb so schlimm und meine Begeisterung war geweckt. Mit Steffen zusammen ging's dann wirklich zur Sache und irgendwann steckte unser Freund im Ofen. Mit Apfel im Anus und im Hals, da wir nichts außer Tackernadeln zum Verschließen hatten. Not macht eben bekanntlich erfinderisch. Damit ihr mir das auch alles ja glaubt, hier ein paar wunderschöne Impressionen:









Das Wochenende hat erste richtige Adventsstimmung aufkommen lassen und als ich zu Hause ankam und zwei Pakete vorfand mit Adventskalender und anderen Adventskram, war der Tag mehr als gerettet! Für uns Freiwillige steht nun dieses Wochenende das erste Seminar nach unserer Ankunft an, ich bin gespannt auf die Tage und lasse bald wieder von mir hören!

Bis dann die liebsten Grüße aus Lummerland,

Eure Antonia







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