Freitag, 20. Dezember 2013

Freunde der Nacht und des Tubensenfs,

es ist mal wieder so weit. Nach gefühlten zehntausend Tagen kann ich mich dazu durchringen, meine Motivation in Aktion umzusetzen: mal wieder ein paar Zeilen aus Hinterwakkadukku.
Eigentlich war der Plan ja ganz anders, jeden Adventssonntag ein bisschen schreiben und dann klappt das auch mal mit den vier Einträgen im Monat. Wie die meisten meiner ehemaligen Mitschüler wissen, bin ich, was Vorstellung angeht, grandios, aber wenn es dann zur Umsetzung kommt fatal. Da gab es dann schon die eine oder andere Nacht- und Nebelaktion, um eine Ausarbeitung, die eigentlichschon seit 2 Monaten geschrieben werden sollte, an einem Tag zu verfassen. Während andere Hochschulcampi erforschten, gab ich mir einen Tag mit dem Rechner und meine Mutter war ganz begeistert von meinem Arbeitselan. Was wahrscheinlich daran lag, dass ich das nicht so ganz wahrheitsgemäß wiedergab, was ich da seit wann und wie und weshalb tun sollte. Allerdings hat diese Variante der Krisenbewältigung bei mir immer funktioniert. Und ich warte noch auf den Tag, an dem Alles den Bach runtergeht.

Aber worum es eigentlich gehen soll: unser Seminar in Philadelphia.
Die Vorfreue war riesig, denn das Seminar bedeutete nur 3 Tage arbeiten und 4 Tage frei. Aber der wohl entscheidende Faktor war, alle die Nasen nach gut 3 Monaten wiederzusehen, zu quatschen und einfach mal die Seele baumeln lassen. Als Svenja und ich in Philadelphia ankamen, hieß uns die Stadt mit Nieselregenwetter willkommen. Nach einem kurzanhaltenden verpeilten Suchen fanden wir dann auch den Rest des Mobbs und los ging der Spaß! 9 Menschen quetschten sich in ein Auto, Ziel war mal wieder das tolle Hostel Chamounix. Sachen wurden in die Zimmer geschmissen und gleich darauf ging’s in die Küche zum Quatschen. Es war sehr schön von anderen lustigen und auch nicht einfachen Erfahrungen zu hören, miteinander zu kochen. Begleitet wurden die Tage von Morgan, einem Theaterpädagogen. Aufgrund seines Namens gab es unzählige, schlechte deutsche Wortwitze, die zur Ausnahme mal NICHT von mir kamen. Gegen abends um 11 waren dann auch die letzten da, das Wetter hatte sich ein bisschen verschlechtert. Da ahnten wir alle auch noch nichts.
Der Freitag gehörte der Stadt. Wir sollten uns irgendwie Material besorgen, um am Samstagabend eine kleine Präsentation über ein von uns gewähltes Thema vorzustellen. Ein Streifzug durch die Stadt der brüderlichen Liebe begann. Irgendwann endeten wir dann auf einem Hochhaus über den Straßen Phillys und so kam es auch zu diesem Bild:





 
Philadelphia im Dezember 2013



Danach wollten wir eigentlich noch zum deutschen Weihnachtsmarkt beim Lovepark. Allerdings goss es so unglaublich, dass das Unternehmen schon vor dem Durchschlendern abgebrochen wurde. Allerdings komme ich nicht umher, eine kleine Begebenheit wiederzugeben. Leider ist es nicht mir passiert! Lorenz und Jonas waren eher da und haben eine kleine Runde über den Markt gedreht und endeten vor einem Stand mit gebrannten Mandeln. Wo knapp 100 g bei über 5 Dollar lagen. Lustigerweise kam der Standbesitzer aus Franken und konnte somit Lorenz Empörung über den Preis mehr als verstehen. Und danach muss es zu mehr als einem bayrischen Gefühlsausbruch gekommen sein. Lorenz, der mir davon erzählte, sagte lediglich, dass er diese Erfahrung (und er hat ein tolles Erzähltalent) nicht in Worte fassen werde, das müsse ich selber durchstehen. Der Regen und unser Rückzug hielten mich davon ab, leider.
Der Samstag war dem Austausch gewidmet und abends gab es eine kleine Weihnachtsfeier mit Weihnachtsmann und Elf, Bilder folgen später! Wer sein Wichtelgeschenk bekommen wollte, musste entweder singen, ein Gedicht vortragen oder einen Oreokeks des Todes Essen. Und hier muss ein kurzer Exkurs zu amerikanischem Essverhalten folgen, sonst macht das wirklich keinen Sinn. Um meinen Geburtstag herum setzte der Kürbiswahn ein. Bei Starbucks gab es jeden Kaffee plus Kürbissyrup, Kekse mit Pumpkin, Vorgarten mit Pumpkin, Suppe mit Pumpkin. Alles mit Pumpkin. Ich hatte gedacht, dieser Geschmacksrichtungswahnsinn wäre damit vorbei, fataler Fehler! Seit dem 1. Dezember gibt es alles, wirklich alles mit Pfefferminzgeschmack. Natürlich lassen sich da auch einige Sachen aufzählen, die mehr als lecker sind: after Eight, Havana Framboesa und Mojito. Da ich allerdings beim Betreten der USA meine Volljährigkeit abgeben musste, fliegen die Alkoholika schon mal raus. Und was dann noch bleibt, ist unterirdisch: Oreokekse mit Pfefferminzgeschmack, besserbekannt als Keks mit Zahnspülung. Die Überwindung, die Dinger wirklich zu essen, musste groß sein. Und da ich mich einigen amerikanischen Dingen mehr als verweigere, tr
ällerte also Chris Reas "Driving Home for Christmas" durch’s Haus. Lang lebe der Geschmack!

Am Sonntagmorgen herrschte Abschiedmelancholie, die allerdings durch den ersten Schnee beiseite geschoben wurde. Wir wurden zum Bahnhof geschafft und das leichte Schneewetter wurde immer mehr zum Chaos. Als nach einer Stunde Warten in der Nässe immer noch kein Bus da war, durften wir in das Bahnhofsgebäude rein, eine wahre Erlösung. Kurz danach kamen uns auch die New Yorker entgegen, ebenfalls noch kein Bus in Sicht. Nach wenigen Minuten stellte sich heraus, dass es nach Washington keinen Bus mehr geben würde. Richtung Süden wäre alles noch schlimmer. Wahrheitsgemäß muss ich nun zugeben, dass Svenja und ich uns ein bisschen freute. So ein langes Wochenende hat doch was schönes! Die New Yorker haben noch einen Bus bekommen und wir wurden nach einigem Hin- und Hertelefonieren abgeholt. Die Flüge der Midwestleute wurden allesamt gecancelt, auf eine weitere Nacht im Hostel. Da es gemütlich warm war, saßen wir nach dem Abendbrot noch vor der Glotze und schauten Star Wars. Irgendwann bin ich kurz raus, suchte nach Salzstangen. Als ich dann wieder in den dunklen Raum kam, flog ich (un)galant über Claras Füße und mein Gesicht beschloss, die Kommode willkommen zu heißen. Das Ganze tat dann doch irgendwie ziemlich weh und als erste Bemerkungen kamen, dass ich bluten würde, konnte ich das nicht so recht glauben. Immerhin hatte ich doch meine Hände im Gesicht und da war alles okay. Als sich dann mein Pulloverrot färbte, waren allerdings auch meine Zweifel verschwunden. Das Ganze musste irgendwo am Kinn sein. Flott hatte jemand meine Tasche und Reisepass zur Hand. Ich weigerte mich anfangs, meinen Mantel anzuziehen, da mittlerweile mein ganzer Pulli nicht mehr rosa sondern rot war und ich keine Lust hatte, auch noch meinen Mantel in die Reinigung zu bringen. Das soll kein Witz sein, der Gedanke ist mir wirklich durch den Kopf gegangen. Irgendwann steckte ich dann doch drin und es ging Richtung Notfallaufnahme in Leggings, Mantel und Schuhen ohne Socken. So schön ist also der zusätzlich freie Tag, Antonia! Da ich keine Lust hatte im Krankenhaus zu warten, öffnete ich als erstes den Mantel, damit jeder sah, was ich da mal wieder glorreiches angerichtet hatte. Der Anweisung, mein Gesicht nicht im Spiegel anzusehen, konnte ich nicht folgen, schließlich musste ich ja Theresa sagen können, wie das Ganze aussah. Mein Arzt war ganz begeistert, da ich mir die bestmöglichste Stelle für eine Narbe im Gesichtbereich ausgesucht hätte, unterm Kinn - schön unauffällig. Eine Stunde und 7 Stiche später stand ich dann wieder auf dem Parkplatz.

Ich: „Nicht nur du kannst dein Gesicht gravieren.“ (mit Foto)
Pirmin: „ Du olle Kämpferin!“

Am Montag ging es dann ohne Verzögerungen nach Hause. Früh ging ich ins Bett, um am nächsten Tag fit für die Arbeit zu sein. Geweckt wurde ich allerdings nicht von meinem Wecker, sondern von 2 Mails und einer SMS, dass sämtliche staatliche Mitarbeiter am Dienstag nicht arbeiten müssten, Begründung: Wetterchaos. Das stellte sich als 5 cm Schnee raus, aber ich fand es klasse. Der Tag tat gut und danach war mein Optimismus auch wieder halbwegs hergestellt.

Jedenfalls habe ich jetzt ein bleibendes Andenken und sonst geht es mir gut, Weihnachten und ein paar freie Tage stehen an.

Liebste Grüße aus Lummerland,
Eure Antonia

2 Kommentare:

  1. Ach Toni, das klingt alles sehr nach dir :D
    Ich hoffe trotzdem, dass es dir und deinem Kinn gut geht :D
    Viele Gruesse von der anderen Seite der Welt (wir haben leider keinen Schnee...) :*
    Ein blauer Elefant

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  2. Hallo Antonia,

    ich hoffe ...

    1. ... es geht dir wieder gut
    2. ... deine Zähne haben dabei keinen Schaden erlitten
    3. ... die Kollegen haben eine feine intrakutane Naht gelegt (da bleibt dann nur eine kaum sichtbare Narbe)

    Ja, bei solchen Meldungen denkt man immer gleich auch an berufsspezifische Dinge.

    Ansonsten treffen deine Berichte hier auf reges Interesse, ich habe die Adresse des Blogs im Gymi-Förderverein bekanntgemacht.

    Für 2014 wünsche ich dir keine Pannen sondern viel Freude und Erfolg bei deinem Einsatz.

    LK

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