Freitag, 13. September 2013

Ihr Lieben,

die ersten Wochen liegen hinter mir! Gerade sitze ich in Philadelphia im Chamounix Hostel auf der Terrasse und freue mich über angenehme 24 Grad. Um kurz zu verdeutlichen, was die meisten sich jetzt denken: eigentlich habe ich den Großteil des Sommers in Deutschland in der Küche bzw. im Wohnzimmer verbracht, weil mich alle Temperaturen über 25 Grad überfordern. Wenn man sich jetzt durch den Kopf gehen lässt, dass es hier in Philadelphia (was nördlich von Washington liegt) bereits abgekühlte 24 Grad hat und eine gefühlte Luftfeuchtigkeit von 200 % herrscht, klingt das bereits für mich abschreckend. Aber der eigentliche Schreck kam dann doch erst heute morgen. Mein Handy prophezeite mir derzeitige 33 Grad in Washington. Und es ist September! Deshalb ist es auch kein Wunder, wenn ich mich bereits jetzt als großer Fan von Klimaanlagen oute! Aber zurück zum Anfang:

Alles begann in einem kleinen (wirklich kleinen) brandenburgischen Dorf, und zwar Hirschluch. Das schönste an der Anreise war für mich die gemeinsame Autofahrt mit dem Großteil der Familienbande. Dabei ist mir bewusst geworden, dass Autofahrten mit kleinen Kindern sehr belastend sein müssen, aber dass das sich im Laufe der Zeit auch nie ändern wird!
Vom 2. bis zum 10. September hatten wir ein ziemlich vollgestopftes Programm: inhaltliche Vorbereitung, Sachen raussuchen, Szenarienbearbeitung, Sachen verfluchen, Diskussionen über Schuld und Verantwortung, abendliches Programm wie Lesungen etc., Zimmeraufräumungen (die in einem noch verzweifelteren Ende gipfelten) und natürlich viel Spaß, Freude und spannende Gespräche. Bei den Gesprächen entwickelten sich gewissermaßen einige Steriotypen, da man bei 130 Freiwilligen immer wieder nachfragen musste, wer das jetzt ist und ob die Person wirklich da und wie und ob und wo... :)
Ein Höhepunkt war der Besuch des Hauses der Wannsee-Konferenz und das anschließende Zeitzeugengespräch. Zuerst muss ich jedem, der diese Gedenkstätte noch nicht besucht hat, ans Herz legen, dies zu tun! Für mich hat es sich sehr gelohnt! Unser Zeitzeuge Helmut Stern schaute mit uns auf ein bewegtes Leben in 5 Diktaturen zurück: Nationalsozialismus, Chinesisches Regime, Japanische Herrschaft, Russisches Exil und die Diktatur unter Herbert Karajan. Das war ungefähr nach anderthalb Stunden, es kam zu einem außerordentlichen Geräuschpegel verursacht durch Aufrichten und Stühlerücken. Herr Stern stellte sich als Berliner Philharmoniker heraus, der 34 Jahre aktiv das Orchesterleben geprägt hat und unter anderem beim Vorspiel des damals 11jährigen Daniel Barenboims dabei war. Kurz zusammengefasst: ein auf Grund seines Glaubens vertriebener Mann kehr in das Land zurück, das ihm und abertausend Anderen so viel Unglück gebracht hat, aus Liebe zur Musik. Für mich war das ein mehr als beeindruckender Moment, der wahre Vergebung und innerliche Größe verdeutlicht. An diesem Abend waren alle mehr als geplättet und unser Gang zum Essen hatte vieles von einem Überfall einer Löwenherde. So wurde es mir zumindestens erzählt.
Der Abschiedsabend war dann doch schneller da als erwartet und natürlich habe ich mir vorgenommen, spätestens um 12 ins Bett zu gehen, weil ich um 4 morgens wieder rausmusste. Wenigstens sind meine Vorsätze immer noch so unrealistisch und moralisch richtig (jaja) wie zu Hause. Die Quintessenz war dann, dass ich gegen halb 3 ins Bett bin und morgens um 4 mich selbst verfluchend aufgestanden bin. Als ich gegen kurz vor 5 an der Kapelle, die zum Musikhaus umfunktioniert wurde, vorbei gelaufen bin, tanzten immer noch der harte Kern. In diesem Punkt muss ich sicherlich nichts zu meiner Motivation und meiner innerlichen Verfassung sagen. Aber immerhin bewahrheitet sich der Spruch: "The party goes on!"

Hier ein kleines Bild von unserer USA-Truppe:


Wie man sieht, es geht uns gut!

Genaueres zu unserem Flug, Einreise und der ersten Woche in Philly folgt bald. Mein Akku neigt sich dem Ende zu und das Aufladen dauert über Adapter gefühlte 3 Tage.

Was mir zu sagen bleibt: 
Die ersten Tage und Wochen haben mir gezeigt, dass meine Entscheidung zu gehen, goldrichtig war! Und um ein paar Klischees zu erfüllen: natürlich fehlt das deutsche Brot, aber was noch mehr fehlt, ist ein Schrank für meine Sachen. 2 Wochen Aus-Dem-Rucksack-Leben reichen!

Liebste Grüße aus Philadelphia,
eure Antonia

1 Kommentar:

  1. Glückwunsch zu den warmen Temperaturen! So etwas brauche ich nicht :D
    Ich wünsche dir noch viel Spaß bei den O-Tagen (sind die überhaupt noch) und einen guten Start ins Projekt. Und bist du dir sicher dass du halb 3 ins Bett gegangen bist? Ich dachte nämlich, dich danach noch gesehen zu haben...
    Marius

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